Glänzende Aussichten für IngenieurInnen

Infotag und Expertengespräch am Berufskolleg Oberberg

„In Deutschland konnten im vergangenen Jahr nahezu 48.000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden!“, eröffnete Diskussionsleiter Joachim Blasius, Lehrer an der Gymnasialen Oberstufe, das Gespräch. Hubertus Seibt, bei der Arbeitsagentur für die Akademiker-Beratung zuständig, führte aus, wie sehr in der Metall- und Elektroindustrie, in der Medizintechnik und teilweise im Fahrzeugbau die Stellenangebote in den letzten Jahren zugenommen haben, vor allem in den Einsatzbereichen Projektsteuerung und Service.

Dr. Dieter Kurpiun und Karsten Bomberg vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ergänzten, die meisten Ingenieure fehlten bei unternehmensnahen Dienstleistungen wie etwa Ingenieurbüros und Unternehmensberatungen. Speziell im Oberbergischen herrsche trotz der Insolvenz von Steinmüller großer Bedarf im Bereich Kraftwerksumbauten. Dr. Eckhard Bube, Geschäftsführer bei ABUS Kransysteme, berichtete, von den 700 Mitarbeitern bei ABUS seien 200 Ingenieure, weitere würden dringend gesucht. Gerade wenn die Industrieproduktion immer mehr ins Ausland verlagert werde, weiteten sich in Deutschland die Leitungs- und Konstruktionsaufgaben aus.

„Uns werden fertig ausgebildete Ingenieure aus den Händen gerissen, der Sog in die Betriebe ist enorm.“, bestätigte Prof. Dr. Frithjof Klasen von der Fachhochschule Köln, Campus Gummersbach, die Tendenz. „Und ein großer Vorteil: 90 % der Abschlussarbeiten werden gemeinsam mit der Industrie durchgeführt, was dann oft in einem Beschäftigungsverhältnis mündet.“

An der FH Gummersbach hatte nach ihrem Abitur am Berufskolleg auch Tanja Hilmer ihr Diplom in Elektrotechnik abgelegt und dann bei Steinmüller / Babcock gearbeitet. Die Entlassungswelle dort habe ihr jedoch klar gemacht, wie schnelllebig der Markt heute ist, weshalb sie zusätzlich das Diplom als Wirtschaftsingenieurin erwarb. Heute promoviert sie an der Open University of the Netherlands und kann sich über Stellenangebote nicht beklagen.

Sich nach dem Arbeitsmarkt zu richten reicht jedoch als Motivation für den Ingenieurberuf nicht aus, es braucht Begeisterung, ja Leidenschaft für Technik, darin waren sich alle auf dem Podium einig. Dr. Bube empfahl Schnuppertage in den Betrieben und warnte davor, sich zu früh zu spezialisieren. Dem kommt die Umstellung des Studiums von Diplom- auf Bachelor- und Masterstudiengänge entgegen, erläuterte Professor Klasen und lud zum „Schnuppertag“ am Samstag, den 3.11., in der FH ein. Die Bachelor-Grundbildung qualifiziert voll für die berufliche Tätigkeit, nur 20 % der Hochschulkapazität stehen für die Spezialisierung zum Master zur Verfügung. Dieser Abschluss ist vor allem forschungsorientiert, soll aber künftig verstärkt auch berufsbegleitend angeboten werden. Dr. Kurpiun und Karsten Bomberg wiesen darauf hin, dass die Studienreform insbesondere erleichtert, Auslandssemester einzuplanen. Sprachkenntnisse, vor allem in Englisch, gelten heute nicht mehr als Zusatzqualifikation, sondern, ebenso wie die Informatik, als selbstverständliche Voraussetzung. Ingenieure sind keine einsamen Tüftler mehr, sondern stehen in Kundenkontakt und müssen, wie Hubertus Seibt betonte, teamfähig sein. Deshalb werden weibliche Ingenieure bevorzugt eingestellt, was Tanja Hilmer bestätigte, die während des Studiums die einzige Frau an der FH Gummerbach im Fach Elektrotechnik war. Will die Industrie die Frauen halten, muss sie jedoch Erleichterungen bei dem Spagat zwischen Mutterschaft und Beruf anbieten.

Von den hohen Anforderungen an Ingenieure solle man sich jedoch nicht bange machen lassen, seien Motivation und Freude am Beruf vorhanden, wachse man in sie hinein, beruhigten einige Podiumsteilnehmer, die freimütig über ihre eigenen Anfangsschwierigkeiten erzählten. Auch böten gerade die beiden Schulformen am Berufskolleg Oberberg gute Startbedingungen.

Doppelqualifizierung: (Fach-)Hochschulreife + Beruf

Davon konnten sich am Vormittag vor der Podiumsdiskussion SchülerInnen der Klassen 9 und 10 überzeugen. Wer nach Klasse 10 beim Einstieg in den Beruf durchstarten will, findet in Dieringhausen zwei Bildungsgänge, in denen er in drei Jahren die Fachhochschulreife bzw. in 3 1/4 Jahren die Allgemeine Hochschulreife und einen Berufsabschluss erreichen kann, im einen Fall den Informationstechnischen, im anderen den Elektrotechnischen Assistenten.

Den Anforderungen, von denen die Besucher im Probeunterricht bei Themen wie Flash-Programmierung oder Konfiguration von Netzwerken sowie im online-Test zur Selbsteinschätzung einen ersten Eindruck gewinnen konnten, stehen attraktive Chancen gegenüber. Davon berichteten den interessierten Schüler/innen an dem Informationstag viele Ehemalige, die bereits qualifizierte Arbeitsplätze besetzen oder im Informatikstudium an der FH in Gummersbach stehen. Besonders hervorgehoben wurden auch die guten Chancen für junge Frauen beim Berufseinstieg in der Informatik.

Die allgemeine und berufliche Ausbildung in der Schule wird durch Praktikumphasen ergänzt. So knüpfen einige SchülerInnen bereits enge Kontakte zu Firmen, von denen sie später oft übernommen werden.

Andere entscheiden sich für ein Studium. Durch die praxisbezogene Ausbildung wissen sie bereits, welche Aufgaben in Informatik oder Elektrotechnik auf sie zukommen. Die von den Hochschulen und Fachhochschulen geforderten Praktika gelten durch den Berufsabschluss größtenteils als nachgewiesen.(www.bk-oberberg.de) (oh-18.09.2007 10:58)



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