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Pflegekräfte gehen an die Öffentlichkeit

Anonymer Hilfeschrei

Waldbröl - In einem anonymen Schreiben wandten sich Pflegekräfte aus dem Waldbröler Krankenhaus an die Redaktion von oberberg-heute, um auf den Pflegenotstand im eigenen Haus und auf dortige Zwangsversetzungen aufmerksam zu machen…

In dem sachlich verfassten Schreiben, dass keinerlei Kritik an Personen beinhaltet, sehen die Verfasser Probleme in der ausreichenden und angemessenen Pflege kranker Menschen.

„… Es ist häufig so, dass die Schwestern und Pfleger nicht mehr die Zeit haben z.B. Bettlägerige zu waschen, ihnen zwischen den regulären Mahlzeiten etwas zu Trinken anzubieten oder gar Hilfebedürftigen bei der Nahrungsaufnahme zu helfen“ heißt es in dem anonymen Schreiben an die Redaktion, das mit „Viele Pflegende“ unterzeichnet ist.

Kritik äußern

„Selbst grundsätzliche Aufgaben einer examinierten Pflegekraft müssen häufig von Schülern oder Praktikanten übernommen werden, die nur selten ausreichend angelernt werden können. Unter all diesen Bedingungen leidet natürlich das Pflegepersonal in allen deutschen Krankenhäusern, in erster Linie leiden darunter aber die Patienten. Deshalb sollten alle Patienten und Angehörige ermutigt werden, konstruktive Kritik lautstark zu äußern, wodurch sie niemandem schaden, sondern nur helfen können.“

Zwangsversetzungen

„…Vor einiger Zeit verzichtete ein großer Teil der Angestellten des KKH Waldbröl auf drei bezahlte Urlaubstage, mit dem Versprechen, anstehende betriebsbedingte Kündigungen damit zu verhindern. Jetzt ist es aber so, dass Stellen, die dringend besetzt werden müssen durch Zwangsversetzungen aufgefangen werden…“

Zwangsversetzungen seien unter anderem von der Kinderstation auf eine kardiologische Erwachsenen Abteilung erfolgt und von einer gynäkologischen auf eine onkologische Station sowie von einer internistischen auf eine chirurgische Station.

Probleme sollen nicht totgeschwiegen werden

Eingangs des Schreibens heißt es „…Leider können wir unsere Namen nicht nennen, hoffen aber, dass unser Schreiben Ihr Interesse weckt…nachzuhaken, was in unseren Krankenhäusern passiert.“

Die Geschäftsleitung

Wir haben nachgehakt und sprachen mit dem Geschäftsführer der Kreiskrankenhaus Waldbröl GmbH, Dr. Klaus Bellingen, über die geschilderten Missstände in der Pflege und über die Zwangsversetzungen.

„Es hat Bedarfsversetzungen gegeben, denen auch der Betriebsrat zugestimmt hat, allerdings nicht im Bezug auf die Personen“, räumt Dr. Bellingen ein. Einen Pflegenotstand im Waldbröler Krankenhaus sieht der Geschäftsführer nicht.

Die Pflegegrundlagen würden erbracht, jedoch habe sich das Berufsbild der Krankenschwester im Laufe der Zeit geändert und würde sich voraussichtlich bald ganz auf den medizinischen Bereich konzentrieren. „Der Patient muss nicht unbedingt von einer examinierten Krankenschwester das Essen ans Bett serviert bekommen“ so Dr. Bellingen.

Um die nicht medizinischen Belange der Patienten würden sich im Waldbröler Krankenhaus rund 40 „Grüne Damen“ ehrenamtlich kümmern. Auf der Kinderstation sei eine Kindergärtnerin auch mit der psychologischen Betreuung der kleinen Patienten betraut.

Die kritisierten Zwangsversetzungen ergeben sich laut Dr. Bellingen nach der Pflege-Personalregelung (PPR), nach der erfasst wird, wie viel Fachpersonal auf jeder Station eingesetzt wird. Sind nach der PPR auf einer Station zu viele Fachkräfte, auf einer anderen aber zu wenig, komme es zu Versetzungen innerhalb des Hauses.

Diese Situation, nach PPR jederzeit, selbst nach langjähriger Arbeit auf ein und derselben Station, ohne Rücksicht auf die individuellen Erfahrungswerte, in einen fremden Aufgabenbereich versetz werden zu können, sehen die Pflegenden als Damoklesschwert.

Aber die genannten Probleme, so die Verfasser des Hilferufs, würden nicht nur in Waldbröl bestehen, sondern in alle deutschen Krankenhäusern.

„…Abschließend bleibt für die gesamte Bevölkerung die Frage offen, ob wir unsere Angehörigen, Eltern und Kinder heutzutage im Krankenhaus noch in guten Händen wissen. Oder ob es Zeit wird, herrschende Missstände aufzudecken, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Hoffentlich ist es dann nicht Ihr Kind im Krankenhaus.“ („…“ Auszüge aus dem anonymen Brief an die Redaktion)
Gina Barth-Muth-10.12.2005 22:07


 


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