Suche:
 Inhalt

“Gibt es eine weibliche Moral?“

Gymnasiale Oberstufe des Berufskollegs lud zur Podiumsdiskussion

Dieringhausen - Seit Jahren lädt das Technische Gymnasium in Dieringhausen zu abendlichen Imbissen, bei denen Referenten und Publikum auf Tuchfühlung miteinander kommen. Am 27.2. ging es um die Geschlechterdifferenz und darum, ob sie sich im moralischen Empfinden ausdrückt.

Moderator war der Biologielehrer Joachim Blasius, der darstellte, dass zum Beispiel die Hirn- und Hormonforschung, was die Geschlechterfrage betrifft, widersprüchlicher (und unzuverlässiger) ist, als manche populären Darstellungen vermuten lassen.

Die Amerikanistin Prof. Sabine Sielke, Leiterin des Forums für Frauen- und Geschlechterforschung an der Uni Bonn, unterschied zwischen „Sex“ (den körperlichen Geschlechtsmerkmalen), und „Gender“, der Geschlechtsrolle, die sich aus der Anatomie nicht zwangsläufig ergebe, sondern von sozialen und kulturellen Umständen geprägt werde, also variabel sei. Zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Gesellschaften seien das „typisch Männliche“ und das „typisch Weibliche“ anders gesehen und bewertet worden.

Die Pfarrerin Silke van Doorn, Mitglied des Instituts für Gender Studies der Uni Siegen, führte aus, dass auch die Bibel nicht als Quelle für einen gottgegebenen Geschlechterunterschied zu lesen sei. Adam und Eva seien beide nach Gottes Ebenbild geschaffen und verkörperten zwei Aspekte Gottes: seine Strenge und seine Barmherzigkeit. Das hebräische „Jahwe“ ist kein Maskulinum und „Gott“ eine unzureichende Übersetzung.

Aus dem Publikum meldeten sich einige Stimmen, die bedauerten, wenn die Polarität zwischen den Geschlechtern „abgeschafft“ werde. Dr. Sielke erwiderte, so sei der Gender-Ansatz nicht gemeint, nur dürften zum Beispiel „Mütterlichkeit“ und „Väterlichkeit“ nicht an Körpern festgemacht werden. Die Verunsicherung, die entstehe, wenn die alten Zuschreibungen nicht mehr funktionierten, werde aufgewogen durch die Freiheit, sich jenseits von Geschlechterstereotypen selbst entscheiden zu können. Ob das nicht zu der Kinderlosigkeit führe, die in unserer Gesellschaft beklagt wird, wurde gefragt. Aber viele entgegneten, an der Kindererziehung könnten und sollten heute Männer und Frauen den gleichen Anteil nehmen. Auf dem Podium gab sich die junge Frau van Doorn als Mutter von vier Kindern zu erkennen, und eine ehemalige Schülerin der Gymnasialen Oberstufe, die inzwischen als Ingenieurin promoviert, verdeutlichte, dass Frauen Rollen übernehmen können, die Ihnen früher nicht zugetraut wurden.

Die Juristin Ulrike Schultz, die an der Fernuni Hagen z.B. Virtuelle Geschlechterstudien betreut, bestätigte das für den Bereich der Justiz: Noch vor 100 Jahren habe man Frauen die Fähigkeit, unabhängiges Recht zu sprechen, aberkannt; sie seien zu sehr ihren Gefühlen ausgeliefert; Fürsorge stehe ihnen besser an als die (abstrakte) Gerechtigkeit. Heute, nachdem über ein Drittel der juristischen Berufe von Frauen wahrgenommen wird, haben viele Studien erwiesen - so Frau Schultz -, dass die Urteile von Richtern und Richterinnen sich in der Substanz nicht unterscheiden, weder bei Strafprozessen noch bei Scheidungs- und Unterhaltsverfahren. Der Kommunikationsstil in den Gerichten habe sich geändert, nicht die Urteilsfindung.

Somit bekräftigte Frau Schultz, was weltweite Untersuchungen zur „weiblichen Moral“ ergaben: Ob Frauen sich eher der Pflege sozialer Beziehungen verpflichtet fühlen oder eher regel- und prinzipiengeleitet urteilen, hängt mehr von ihrer gesellschaftlichen Situation ab als von ihrem biologischen Geschlecht.

Der Biologie-Kurs der Gymnasialen Oberstufe hat sich vorgenommen, das Thema weiter zu verfolgen und beim nächsten Mal einen Soziobiologen einzuladen. Im kommenden Schuljahr kann man am Berufskolleg zusammen mit der Allgemeinen Hochschulreife auch den staatlich anerkannten Berufsabschluss als Elektrotechnische® Assistent(in) erwerben. Es sind noch Plätze frei (www.bk-oberberg.de). (oh-08.03.2007 19:18)


 



© 2003-2023 oberberg-heute.de Alle Rechte vorbehalten. Impressum / Datenschutzerklärung