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Geschichten rund um den Weihnachtsschmaus

Würziger Engelshauch

Süße Plätzchen hatten ihren Ursprung im Lebkuchen

Plätzchen und Christstollen versüßen uns das Weihnachtsfest. Knusperiger Gänsebraten, Schweineschinken und Karpfen gehören schon seit Jahrhunderten zu den Delikatessen, die in unserer Region an den Feiertagen auf den Tisch kommen. Was jedes der Gebäcke und Gerichte zu einem Leckerbissen fürs Weihnachtsfest gemacht hat, darum ranken sich Geschichten, die wir in einer fünfteiligen Serie vorstellen werden. Zu Beginn eine wichtige Nebensache: die würzige Herkunft unserer süßen Plätzchen.

Pfundweise Butter oder Margarine, Zucker, Mehl, Eier, Kokosflocken, Vanille, Zimt und andere Gewürze - kaum steht Weihnachten vor der Tür werden die Zutaten fürs Plätzchenbacken gekauft. Gute alte Tradition in vielen oberbergischen Haushalten. Begeistert helfen die Kinder mit, wenn gerührt werden muss oder geknetet. Sie drücken Förmchen in den ausgerollten Teig, stechen Kreise, Tannenbäumchen oder Tierfiguren aus, legen sie vorsichtig aufs Blech und warten dann ungeduldig vor dem Backofen, bis die ersten Platten fertig gebacken sind.

Vanillekipferl, Kokos-Makronen, Berliner Brot oder Spritzgebäck - es ist schier unmöglich, alle Sorten aufzuzählen. Viele Rezepte werden von Generation zu Generation weitervererbt und gehütet wie ein Schatz. Bäckerfamilien, Städte und Klöster haben in früheren Jahrhunderten erbittert um die Ehre gestritten, diese oder jene Plätzchen und Printen erfunden zu haben. Vorgänger aller bekannten gebackenen Leckereien war der Honig-, Pfeffer- oder Lebkuchen.

Die ersten Lebkuchen haben einer alten Legende nach die Engel den Hirten in der Heiligen Nacht beschert. Sie schlugen mit den Flügeln, um das Brot auf den heißen Steinen vorm Verbrennen zu bewahren, während die Hirten das Jesuskind anbeteten. Dabei streuten die himmlischen Boten einen Hauch der Gewürze aus, die die Heiligen Könige für das Kind in der Krippe mitgebracht hatten und verwandelten die Fladen so in Lebkuchen - so die Legende.

Im frühen Mittelalter wurden alle Gewürze aus dem Orient Pfeffer genannt und königlich bezahlt. Honig war zu dieser Zeit das einzige Mittel eine Speise zu süßen und er hatte den Vorteil, den Fladenteig mürber zu machen. Honig- oder Pfefferkuchen war ein beliebtes Basisgebäck und in den ersten Rezepten der Klöster wurde er einfach libum genannt, was generell Kuchen bedeutet. Aus dem Klosterlatein wurde im Küchendeutsch schließlich lebum, der Lebkuchen. Erst als der Zucker den Honig als Süßstoff verdrängte, wurden neue Rezepte und neue Backmethoden entwickelt. Zucker gab dem Teig eine weichere Konsistenz, so dass man ihn auf Oblaten setzen musste, damit er nicht klebte, während des Backens von unten geschützt war und weich und saftig blieb.

Erste Förmchen

Durch die Jahrhunderte wurden immer mehr Ideen für die Weihnachtsbäckerei entwickelt: Schon die alten Griechen hatten Formen, sprich Model für ihre Gebäcke benutzt. Die Römer übernahmen diese Sitte, die mit dem Christentum schließlich über die Alpen kam. Die Model wurden aus Eichen- und Kernobst-Holz geschnitzt. Motive waren oft Statuetten und Gemälde in Kirchen. Als ein unbekanntes Backgenie den Zuckerguss erfand, waren der Phantasie beim Dekorieren keine Grenzen mehr gesetzt.

Viele Formen heutiger Weihnachtsplätzchen gab es schon in ganz alter Zeit. Über ihre Bedeutung weiß heute kaum noch jemand Bescheid: So steht der Kreis für die Ewigkeit, steinförmige Plätzchen erinnern an die Steinigung des Heiligen Stephanus und ein Stern mit Schweif deutet auf die ungeheure Kraft des immer wieder aufspringenden Lebens hin. Die Brezel ist nicht nur ein Zeichen für Unendlichkeit, sondern stellt auch die zum Gebet übereinander geschlagenen und in Kuttenärmel verborgenen Arme der Klosterbrüder dar.

Stollen: Sinnbild für das Kind in der Krippe

Der erste seiner Art wurde in Sachsen gebacken - Heftiger Streit über die Urheberschaft

Oberbergischer Kreis - Kaum ein Weihnachtsmarkt in Oberberg, wo er nicht verkauft wird, keine Konditorei und kein Café, die ihn in der Adventszeit nicht führen. Der Stollen gehört in den Wochen vor dem Fest dazu, wie Tannengrün und Kerzenschein. Das Festtagsbrot mit der dicken weißen Schicht aus Puderzucker dem Rosinen, Rum, gemahlene Muskatnuss, Kardamom, Korinthen, Zitronat und Orangeat den unverwechselbaren Geschmack verleihen, ist seit Beginn seiner langen Geschichte ein Sinnbild. Er steht für das Kind in der Krippe. Auf Bildern alter Meister ist der kleine Jesus bis zum Kopf hin eng in blütenweiße Windeln gewickelt. Der Stollen ist das Symbol für den Leib, wurde zum Laib, zur Stolle.
Ganz richtig gelesen: Die weihnachtliche Köstlichkeit war weiblichen Geschlechts. Die ersten Stollen stammen aus Obersachsen und wurden um 1400 in Dresden verkauft. Damals verlangte der Bischof zwei Weizenstollen als Zins von den Bäckern. Es gab eine Stollen-Steuer für öffentliche Bauvorhaben, das bedeutete, jeder der eine Stolle in den Ofen schob, musste den zwanzigsten Teil eines Goldguldens zum Dombau beisteuern.

Stollen waren Luxusgüter und bei den Gottesfürchtigen umstritten. Sie mahnten immer wieder, vor Fraß und Völlerei nicht den wahren Sinn des Christfestes zu vergessen. Die Adventszeit war eine Fastenzeit und so kam es, dass sogar der Heilige Vater in Rom einmal in Streitigkeiten um Stollenrezepte verwickelt wurde. Die sächsischen Kurfürsten Ernst und Albrecht fühlten sich im Genuss der Stollen beeinträchtigt, weil in den Wochen vor Weihnachten die Fastenregeln die Verwendung von Butter verboten und mit dem üblichen Rüböl gebacken, schmeckte sie ihnen nicht.

Der Papst hatte Verständnis, als sie ihn baten, die Fastengesetze in ihrem Land abzuändern. Er erteilte den Dispens: "Sinthemachlen in Euren Herrschaften keine Oehlbäume wachsen und man des Oehles nicht genug, sondern viel zu wenig und nur stinkend habe, daß man es teuher kaufen muß und solches Oehl allda habe, das man aus dem Ruebsenoehl macht, daß des Menschen Natur zuwider und ungesund durch dessen Gebrauch die Einwohner der Lande in mancherlei Krankheit fallen."

Diese Hürde war genommen, da kam schon der nächste Streit auf. Die Städte Dresden, Meißen und Siebenlehn wurden sich uneins, wer Urheber der Stolle sei. Der Dreißigjährige Krieg dämpfte die Auseinandersetzung zwar, aber kaum war der Westfälische Frieden geschlossen, ging das Gezänk weiter. Dabei war für alle anderen klar: Die Dresdner Stolle ist ein Gebäck aus Dresden, das in alle Welt verschickt wurde, und zwar bereits im Mittelalter. Damals wurden die Backstücke in Leinentücher gewickelt und von den Elbschiffern mitgenommen.

Zu Kaiser Zeiten lötete man die Backwerke in großen Blechdosen ein und schickte sie schon im Spätsommer auf den Weg, damit sie per Segelschiff transportiert, auch wirklich rechtzeitig zu Weihnachten in den damaligen deutschen Kolonien oder bei den Auswanderern in Amerika und Australien eintrafen. Stollenkenner wissen: Je länger sie reifen kann, um so besser schmeckt sie, weil die Gewürze richtig durchziehen können. Warum die Stolle zu Beginn des vorigen Jahrhunderts plötzlich zum Stollen wurde, ist unklar.

Inzwischen gehört er jedoch international zu den Spezialitäten und die Dresdener haben noch spät einen Triumph feiern können: 1987 wurde per Gericht entschieden, dass "Dresdener Stolle" eine spezielle Gattungsbezeichnung ist.

Die Gans - eine köstliche Kalorienfalle

Oberbergischer Kreis - Wer jemals mit einer Gans aneinander geraten ist, ihr Zischen gehört oder gar ihren Biss verspürt hat, weiß: Vor dem ältesten Hausgeflügel der Welt muss man sich hüten. Gänse sind wachsamer als ein Hund und gehen sofort zum Angriff über. Schon die alten Babylonier und Ägypter haben die Vögel gezüchtet, deren Fleisch zu Weihnachten als Delikatesse und Kalorienbombe gilt. Fließt doch beim Braten das Fett in Strömen (muss aber nicht sein: siehe Tipp). Experten sagen, dass eine Gans am besten schmeckt, wenn sie etwas jünger ist als ein Jahr.

Schon in der Jungsteinzeit haben archäologischen Funden nach Hütebuben ihre Gänseherden über die Wiesen getrieben. In Märchen ist von der Gänseliesel und Frau Holle die Rede. Solange man denken kann, sind Gänseschlachten und Rupfen Arbeiten, die mit der Vorweihnachtszeit eng verbunden sind. Nach dem Schlachten wird das Federkleid mit heißem Wasser übergossen und dann wird´s anstrengend, denn so leicht lassen sich die wertvollen Gänsefedern nicht ausreißen. Sie wurden schon immer zum Stopfen der Betten genutzt und gespleißte Federkiele waren die Schreibwerkzeuge früherer Zeiten.

Durch Sankt Martin hatte das weiße Federvieh seinen ersten offiziellen Auftritt im Winter. Sankt Martin wurde um 300 nach Christus als Sohn eines römischen Zenturio in Ungarn geboren, war wie sein Vater Soldat und kam im ganzen damals römischen Europa herum. Auf einer Reise mit Kaiser Julian durch Gallien begegnete er dem Christentum und beschloss, künftig für Gottes Sache zu kämpfen.

Martin ließ sich taufen und dann kam es zu der Geschichte mit dem Bettler, die ihn bis heute berühmt gemacht hat. Als er in Poitiers die erste Klostergemeinschaft gegründet hatte, sollte er zum Bischof gewählt werden, traute sich diese Würde aber nicht zu und versteckte sich im Gänsestall. Das wütende Geschrei der Tiere verriet ihn, er wurde Bischof von Tours und ließ der Legende nach alle Gänse schlachten, um ihren Verrat zu sühnen. Das war an einem 11. November, St. Martins Namenstag, der seitdem gefeiert wird, und die Martinsgänse gehören heute noch dazu.

Wie die Martinsgans zur Weihnachtsgans wurde, erzählt eine andere Geschichte. So soll am Heiligen Abend 1588 Elisabeth I. gerade Gänsebraten verzehrt haben, als man ihr die Nachricht vom Sieg der englischen Flotte über die spanische Armada überbrachte. Sie war so begeistert, dass sie die Gans für jeden Jahrestag des Sieges zum Festbraten befahl.

Ob englische Weihnachtsgans oder kontinentale Martinsgans, eigentlich ist es egal, beide Geschichten sind aufschlussreich und beide Geflügel schmecken hervorragend. Mit Füllungen aus Äpfeln und Rosinen oder Maronen, brutzelig braun gebraten, Rotkohl und Kartoffelklößen dazu - wer kann da widerstehen?

TEXT/BILDER: Anke Mortsiefer


 



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